Stellungnahme Gemeinde Martinroda und Stadt Plaue zum Windvorranggebiet W 33 – Liebenstein / Angelroda
Ausgewiesene Windvorranggebiete
Die Regionale Planungsgemeinschaft Mittelthüringen legt für die Planungsregion Mittelthüringen die räumliche und strukturelle Entwicklung fest. Dies ist im §13 Abs. 3 Thüringer Landesplanungsgesetz (ThürLPIG) in Verbindung mit §5 Abs. 1 ThürLPIG geregelt. Die Planungsregion Mittelthüringen umfasst die kreisfreien Städte Erfurt und Weimar sowie die Landkreise Ilm-Kreis, Gotha, Sömmerda und Weimarer Land.
In der Planungsversammlung der regionalen Planungsgemeinschaft Mittelthüringen am 12.12.2023 wurde der Beschluss zur Veröffentlichung des Entwurfs des 2. Sachlichen Teilplanes „Windenergie“ und zur Durchführung der Beteiligung gefasst.
In dem Planentwurf sind zeichnerische und textliche Festlegungen zur Steuerung der Windenergienutzung und die Ausweisung von Windvorranggebieten enthalten.
Lt. §9 Raumordnungsgesetz (ROG) / zuletzt geändert durch Artikel 1 dieses Gesetzes vom 22.03.2023 in Verbindung mit §3 ThürLPIG (zuletzt geändert 07.12.2022) sind die Öffentlichkeit und öffentlichen Stellen (solang deren Belange berührt werden) zu beteiligen und haben die Möglichkeit zur Stellungnahme.
Die Unterlagen zum Entwurf des 2. Sachlichen Teilplans „Windenergie“ Mittelthüringen werden bis einschließlich 25.04.2024 auf der Internetseite www.regionalplanung.thueringen.de/mittelthueringen veröffentlicht und stehen zur Einsichtnahme und zum Herunterladen bereit.
Alternativ können die Unterlagen in Papierform (und über ein digitales Lesegerät) bei der Regionalen Planungsgemeinschaft Mittelthüringen eingesehen werden.
Regionale Planungsstelle Mittelthüringen
(beim Thüringer Landesverwaltungsamt)
Jorge – Semprún – Platz 4
99423 Weimar
Haus II / Montag – Donnerstag 8:30 – 12:00 Uhr und 13:30 – 15:30 Uhr / Freitag 8:30 – 12:00 Uhr
Um eine vorherige Terminvereinbarung unter 0361 57 332 – 1600 wird gebeten.
Außerdem können die Unterlagen in Papierform (und über digitales Lesegerät) im Landratsamt Ilm – Kreis eingesehen werden.
Landratsamt Ilm-Kreis
Kreisplanung / Raum 110
Ritterstraße 14
99310 Arnstadt
Dienstag 8:30 – 11:30 Uhr und 13:00 – 18:00 Uhr
Donnerstag 8:30 – 11:30 Uhr und 13:00 – 14:00 Uhr
Um eine vorherige Terminvereinbarung unter 03628 738 230 oder per E-Mail an wird gebeten.
Stellungnahmen können bis einschließlich 25.04.2024 direkt an:
gesendet werden.
Gern können Stellungnahmen ach bei Ihrer jeweiligen Gemeinde (zu den Sprechzeiten des Bürgermeisters / der Bürgermeisterin) oder bei der Verwaltungsgemeinschaft Geratal / Plaue abgegeben werden. Wir werden diese dann gesammelt und fristgerecht einreichen.
Windvorranggebiete im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft Geratal / Plaue
Für den Bereich der Verwaltungsgemeinschaft Geratal / Plaue wurden zwei Vorranggebiete ausgewiesen. Das Vorranggebiet W 32 – Heyda betrifft eine Waldfläche zwischen Martinroda und Heyda und das Vorranggebiet W 33 – Liebenstein / Angelroda. Dieses Gebiet betrifft eine Fläche die sowohl in der Gemarkung Martinroda OT Angelroda und der Stadt Plaue OT Rippersroda liegt.
Aus diesem Grund hat die Gemeinde Martinroda eine gemeinsame Stellungnahme mit der Stadt Plaue verfasst.
Stellungnahme Gemeinde Martinroda + Stadt Plaue zum Windvorranggebiet
W 33 – Liebenstein / Angelroda
Da das ausgewiesene Vorranggebiet Windenergie W-33 Liebenstein / Angelroda sowohl die Stadt Plaue als auch die Gemeinde Martinroda betrifft, haben wir uns entschlossen, eine gemeinsame Stellungnahme zu diesem Vorranggebiet abzugeben.
Mit der Ausweisung der Fläche W-33 sehen wir Beeinträchtigungen für die Bevölkerung sowie für Flora und Fauna und lehnen die ausgewiesene Fläche als Vorranggebiet Windenergie ab.
Das Vorranggebiet W-33 betrifft den „Kammberg“, dieser Bereich besteht sowohl aus Waldflächen als auch aus landwirtschaftlich genutzten Flächen.
Die Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie hat weitreichende Folgen, die über die unmittelbaren Auswirkungen auf die Landschaft hinausgehen. Insbesondere bedauern wir den Verlust von landwirtschaftlichen Flächen, die eine stabile Nachversorgung gewährleisten, insbesondere durch die Gasgewinnung im Biogaswerk Martinroda.
Diese landwirtschaftlichen Flächen spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherung der Nahrungsmittelproduktion und der Erhaltung der lokalen Wirtschaft. Das Biogaswerk in Martinroda ist ein wichtiger Bestandteil der regionalen Energieinfrastruktur, das auf die Nutzung von Biomasse angewiesen ist, um umweltfreundliches Gas zu produzieren.
Darüber hinaus werden durch die Errichtung von Windparks erhebliche infrastrukturelle Änderungen notwendig sein, einschließlich der Verlegung von Leitungen zu Versorgungsanlagen. Diese Änderungen könnten das Landschaftsbild erheblich verändern und haben potenziell negative Auswirkungen auf die umliegenden Gemeinden und die Umwelt.
Es ist daher unerlässlich, dass bei der Planung von Windenergieprojekten alle Aspekte sorgfältig abgewogen werden, um sicherzustellen, dass die langfristige Nachhaltigkeit der Region gewahrt bleibt und die Bedürfnisse der lokalen Gemeinschaften berücksichtigt werden. An den Kammberg und damit direkt an das Vorranggebiet grenzen die Ortschaften Angelroda als Ortsteil von Martinroda, Rippersroda als Ortsteil der Stadt Plaue, Liebenstein und Geschwenda als Ortsteile der Gemeinde Geratal.
Der Ort Rippersroda liegt auf einer Hochfläche zwischen den Tälern der Zahmen (im Osten) und der Wilden Gera (im Westen) 400 m über NN.
Angelroda liegt im Tal der Zahmen Gera, umgeben von Muschelkalkbergen.
Das gesamte Gebiet weist eine sehr hohe Landschaftsbildqualität auf und liegt im geplanten Landschaftsschutzgebiet Arnstädter Hügelland.
Lt. Prüfbericht S. 205: „Im vorliegenden Fall gewichtet der Plangeber das Ziel der Verteilung der Vorranggebiete Windenergie höher als die sehr hohe Landschaftsbildqualität, das bedeutsame Landschaftsbild und das geplante Landschaftsschutzgebiet, da es sich um einen Teilraum handelt, in dem insgesamt nur wenige Flächen für die Windenergienutzung ausgewiesen werden können“.
Durch die Errichtung von Windenergieanlagen in diesem Bereich wird das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt und die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet hinfällig. Dies wiederum beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und den Lebensraum für Tiere und Pflanzen.
Ebenfalls auf Seite 205 des Gutachtens: „Im Norden des Untersuchungsgebietes befindet sich eine Grünlandfläche mit Heckenstrukturen, die unmittelbar an einen ökologisch wertvollen Wald angrenzt. Die Plangeberin sieht diese naturräumliche Situation als ökologisch besonders sensibel an und hält aus diesem Grund einen Abstand von 85 m ... zum Waldrand ein.“
Auch bei Einhaltung eines Abstandes von 85 m zum Waldrand befürchten wir massive Auswirkungen auf den Lebensraum der Tierwelt. Im Bereich Liebenstein befindet sich ein Dichtezentrum des Uhus, zudem wurde in diesem Bereich ein Brutvorkommen windkraftempfindlicher Vogelarten festgestellt und im Bereich Angelroda hat sich in den letzten Jahren der Schwarzstorch angesiedelt.
Weiterhin befürchten wir, dass das ausgewiesene Gebiet aufgrund der Lärmbelastung nicht mehr als Naherholungsgebiet für die Bevölkerung genutzt werden kann. Bereits heute müssen die Einwohner von Angelroda und Rippersroda mit einer starken Lärmbelastung leben, die das körperliche, seelische und soziale Wohlbefinden beeinträchtigt. Zum einen verursacht die Bahnlinie Ilmenau - Erfurt, die über das Viadukt die Ortslage Angelroda quert und weiter an Rippersroda vorbeiführt, Lärm, zum anderen werden die Täler der Zahmen und der Wilden Gera durch die Brücken der Autobahn 71 überquert.
Ebenso werden Auswirkungen auf das Klima durch die Errichtung von Windkraftanlagen befürchtet.
Durch Angelroda führt der Gera-Radweg vom Rennsteig kommend weiter über Plaue nach Erfurt. Zwischen Angelroda und Plaue kann eine Etappe über Rippersroda gewählt werden.
Durch die Anbindung an den Radweg sind die Orte auch touristisch interessant und können mit einigen Sehenswürdigkeiten aufwarten. So zum Beispiel in Rippersroda die Kirche, die 1369 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Sowie das alte Backhaus, das alljährlich zu Himmelfahrt befeuert wird.
Die Kirche in Angelroda wurde im 12. Jahrhundert erbaut und enthält in der Turmkammer das älteste noch erhaltene Mauerwerk. Auf dem Gelände befindet sich eine für die Familie von Witzleben erbaute Kapelle. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Gutshof der Familie von Witzleben, von dem noch das Gutsverwalterhaus, das Wirtschaftsgebäude (heute Heimatstube) und ein Pferdestall (Dorfgemeinschaftshaus) erhalten sind.
Der Radweg führt unter dem 1878 erbauten Viadukt hindurch.
Auch bei Wanderern ist die Region beliebt. So die nahe gelegenen Kammerlöcher, aber auch der Thüringenweg oder der Wanderweg von Goethe nach Bach, der von Ilmenau kommend über den Veronikaberg (FFH-Gebiet) Martinroda weiter über Kleinbreitenbach (FFH-Gebiet mit seltenen Orchideenvorkommen) nach Plaue und weiter nach Arnstadt führt. Mit Blick auf die Windkraftanlagen laden die vielen Rastplätze nicht mehr zum Verweilen ein und stellen einen tiefen Einschnitt in die touristischen Wandermöglichkeiten dar.
Dass die Zukunft den erneuerbaren Energien gehört und wir auf die Ressourcen der Natur wie Sonne und Wind angewiesen sind, steht außer Frage. Aus unserer Sicht ist es aber nicht zielführend, vorgegebene Klimaziele mit allen Mitteln und ohne Rücksicht auf Verluste für Umwelt und Mensch durchzusetzen.
Zumal einige Aspekte im 2. sachlichen Teilplan „Windenergie“ nicht diskutiert wurden. So fehlen z.B. Aussagen zur erhöhten Flächenversiegelung durch den Bau von Windkraftanlagen inkl. Zuwegungen und den Ausbau der Stromnetze. Wohin mit dem erzeugten Strom? Was passiert mit den Windkraftanlagen nach Ablauf ihrer Lebensdauer? Ungeklärt ist auch, wo die Ausgleichsflächen für die Vorranggebiete liegen sollen.
Solange diese und weitere Fragen nicht geklärt sind, können wir dem geplanten Vorranggebiet W-33 nicht zustimmen.
Unser Wald ist der größte CO²-Speicher und O²-Produzent. Ihn und unsere Natur und Landschaft gilt es zu erhalten und zu schützen.
Christian Janik Babett Morgenbrod
Bürgermeister Stadt Plaue Bürgermeisterin Martinroda
Sie möchten sich unserer Stellungnahme anschließen und mit Ihrer Unterschrift unterstützen? Dann können Sie dies gern zu den Sprechzeiten im jeweiligen Gemeindebüro oder in der Verwaltungsgemeinschaft Geratal / Plaue umsetzen.
Weiterhin findet am 08.04.2024 18:00 Uhr eine Informationsveranstaltung im Schützenhaus Plaue zum geplanten Windpark bei Rippersroda statt.
Am 11.04.2024 wird es eine Informationsveranstaltung im Kultursaal Martinroda geben.
Beide Veranstaltungen organisiert die Wald-Bürgerinitiative Ilm-Kreis in Abstimmung mit der Stadt Plaue und der Gemeinde Martinroda, wozu wir Sie recht herzlich einladen.
Alle Pläne können unter https://regionalplanung.thueringen.de/mittelthueringen/regionalplan-mittelthueringen/aufstellung-2stpwind/entwurfsstand-2stpwind-122023
eingesehen werden.